Warum Früherkennung kein Privatthema ist
Jedes Jahr im Oktober rückt der Brustkrebsmonat das Thema Früherkennung ins öffentliche Bewusstsein. Doch eine aktuelle Analyse aus Schweden, veröffentlicht im British Medical Journal (BMJ, 2025), zeigt: Viele Frauen nehmen die Einladung zur Mammografie nicht wahr – mit fatalen Folgen.
Frauen, die bereits den ersten Screening-Termin verpassen, gehen auch später seltener zur Untersuchung. Im Durchschnitt starben in der 25-jährigen Beobachtung 9,9 von 1.000 Frauen, die den ersten Termin ausließen – gegenüber 7,0 von 1.000 unter den regelmäßigen Teilnehmerinnen. Der Unterschied: nicht das Wissen, sondern das Verhalten.
Diese Erkenntnis reicht weit über die individuelle Gesundheit hinaus. Sie betrifft auch Unternehmen: Denn Prävention ist kein Privatthema – sondern Teil einer gelebten Gesundheitskultur.
Was die neue Studie zeigt – verpasste Termine, vermeidbare Risiken
Die schwedische Studie unter Leitung des Karolinska Instituts nutzte umfangreiche Registerdaten aus über 25 Jahren. Der Befund ist eindeutig: Frauen, die die erste Einladung zur Mammografie ausschlugen, wurden später seltener untersucht – und starben häufiger an Brustkrebs.
Die Ursache ist offensichtlich: In dieser Gruppe wurde der Krebs meist erst entdeckt, wenn Symptome auftraten. Die Tumore waren häufiger invasiv und in einem fortgeschrittenen Stadium.
Die Botschaft: Prävention funktioniert – aber nur, wenn sie kontinuierlich genutzt wird. Wer sie einmal verpasst, steigt häufig dauerhaft aus.
Für Unternehmen ist das eine zentrale Einsicht: Gesundheitsverhalten ist kein punktuelles Ereignis, sondern eine Frage von Routinen und Strukturen.
Prävention scheitert selten am Wissen, sondern am Verhalten
Psychologische Barrieren – Angst vor der Diagnose, Scham, Unsicherheit oder einfach Überforderung im Alltag – führen dazu, dass Termine aufgeschoben oder ignoriert werden.
In der Gesundheitsforschung spricht man von der „Intention-Behavior-Gap“: Menschen haben die Absicht, sich gesund zu verhalten, setzen sie aber nicht um. Hier kommen zwei Schlüsselbegriffe ins Spiel:
- Gesundheitskompetenz – also die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu verstehen und anzuwenden.
- Selbstwirksamkeit – das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, gesundheitsfördernd zu handeln.
Beide Faktoren lassen sich stärken – durch Kommunikation, durch Vorbilder, durch Strukturen. Und genau hier kann der Arbeitgeber ein wirkungsvoller Hebel sein.
Der Arbeitsplatz als Hebel für Prävention
Unternehmen erreichen Menschen dort, wo sie einen großen Teil ihrer Lebenszeit verbringen. Diese Nähe eröffnet Chancen – besonders, wenn es um Themen wie Brustkrebsprävention geht.
Evidenz aus der betrieblichen Gesundheitsforschung zeigt: Wenn Arbeitgeber präventive Maßnahmen aktiv unterstützen, steigt die Teilnahmerate an Früherkennungsuntersuchungen deutlich (OECD, 2022; WHO Workplace Health Model).
Wirksam sind vor allem:
- Information über das Mammographie-Screening-Programm.
- Verbreiten von evidenzbasierten Quellen, z. B. Deutsche Krebshilfe, Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums.
- Führung als Vorbild: Wenn Führungskräfte selbst offen über Vorsorge sprechen, senkt das die Schwelle für Mitarbeitende.
Auch wenn Brustkrebs vor allem Frauen betrifft: Prävention geht alle an – als Zeichen einer Kultur, die Gesundheit ernst nimmt.
Prävention ist kein Tabuthema – sondern Kulturfrage
Gesundheitsthemen wie Brustkrebs sind sensibel – und oft emotional aufgeladen. In vielen Teams herrscht Schweigen: „Darüber spricht man nicht.“ Doch genau das verhindert wirksame Prävention.
Eine moderne Gesundheitskultur schafft Raum für solche Themen. Sie basiert auf psychologischer Sicherheit: Mitarbeitende können offen über Ängste, Erfahrungen oder Fragen sprechen, ohne bewertet zu werden.
Führungskräfte und HR spielen dabei eine Schlüsselrolle. Sie prägen, was sagbar ist – und was nicht. Wenn sie Prävention als Zeichen von Selbstfürsorge und Verantwortung kommunizieren, statt als Pflicht oder Kontrollmaßnahme, verändert das die Haltung im gesamten Unternehmen.
Organisationen mit echter Gesundheitskultur sprechen über Gesundheit – bevor sie zum Problem wird.
5 Schritte, um Prävention wirksam zu verankern
- Gesundheitskommunikation verständlich machen
Klare, empathische Sprache . Persönliche Stories wirken stärker als Zahlen allein. - Führungskräfte für sensible Themen stärken
Wie spreche ich über Prävention? Wie reagiere ich empathisch, wenn Mitarbeitende betroffen sind? - Gesundheitsdaten anonym, aber gezielt nutzen
Gesundheitsreports können zeigen, wo Handlungsbedarf besteht – ohne die Privatsphäre zu verletzen. - Wirkung messen – mit Kennzahlen, die wirklich Gesundheit abbilden
Prävention wird nicht wirksam, weil sie beliebt ist, sondern weil sie nachweislich Verhalten und Gesundheit verändert. Statt Teilnahme- oder Zufriedenheitsquoten braucht es belastbare Daten mit wissenschaftlicher Grundlage:- Verhaltensindikatoren: z. B. Anteil der Mitarbeitenden, die regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen (objektiv, anonymisiert).
- Gesundheitszustandsdaten: Entwicklung von Gesundheitswerten auf Basis validierter Instrumente.
- Fähigkeitsmaße: Gesundheitskompetenz, Selbstwirksamkeit, Gesundheitsverhalten und -risiko – messbar mit evidenzbasierten Instrumenten.
So wird sichtbar, ob Prävention wirklich wirkt – nicht nur, ob sie stattfindet.
Fazit: Prävention wirkt – wenn sie Teil der Kultur wird
Die BMJ-Studie erinnert uns an eine unbequeme Wahrheit: Wissen schützt nicht automatisch. Verhalten tut es.
Prävention funktioniert nur, wenn Menschen sich befähigt und unterstützt fühlen, sie umzusetzen – im privaten wie im beruflichen Umfeld.
Unternehmen haben hier eine einzigartige Chance: Sie können Strukturen schaffen, die Prävention erleichtern, wobei nur das passive Bereitstellen von Möglichkeiten niemanden befähigt.
Gesundheitskompetenz sollte zu einem Teil der Organisationskultur werden – und Früherkennung zur Selbstverständlichkeit.
Prävention beginnt mit einem Gespräch.
Lass uns darüber sprechen, wie padoc Organisationen hilft, Gesundheit im Alltag erlebbar zu machen – evidenzbasiert, wirksam, individuell und alltagsnah.
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Quellen:
Ärzteblatt (2025, 26. September). Mammografie: Verpasste Termine erhöhen Brustkrebssterberisiko. Deutsches Ärzteblatt. Veröffentlicht online unter: https://www.aerzteblatt.de
Ma, Z. et al. (2025). Association between attendance at first breast cancer screening and long-term breast cancer mortality: a nationwide cohort study. BMJ. Online verfügbar unter: https://www.bmj.com/content/390/bmj-2025-085029