Wer raucht, gefährdet seine Gesundheit. Das weiß jedes Kind. Dass jährlich genauso viele Menschen an den Folgen von Bewegungsmangel sterben, wie durch das Rauchen, ist jedoch für viele neu. Dabei hat die Weltgesundheitsorganisation bereits 2010 ihre Empfehlungen für Bewegung verabschiedet, um das Gesundheitsrisiko „Bewegungsmangel“ weltweit zu reduzieren. Damit die Empfehlungen die Menschen erreicht, ist die Mitwirkung aller verantwortlichen Akteure erforderlich. Und weil die Empfehlungen auch in Deutschland bislang noch nicht bis in die Praxis vorgedrungen sind, Bewegungsmangel gleichzeitig aber weit verbreitet ist, haben führende Wissenschaftler „Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit, veröffentlicht.
Was bedeutet „Bewegungsmangel“?
Bewegungsmangel lässt sich anhand der Intensität und Dauer der Bewegung pro Woche definieren. Die Intensität der Aktivität richtet sich dabei nicht nach einer bestimmten Herzfrequenz, Bewegungs- oder Sportart, sondern nach dem individuellen Anstrengungsempfinden. Während schnelles Gehen für jemanden, der eine durchschnittliche Fitness besitzt, nur eine leichte Aktivität darstellt, ist ein flotter Spaziergang für jemanden mit starkem Übergewicht und geringer Fitness eine moderate bis hoch-intensive Bewegungsform. Je intensiver die körperliche Aktivität, desto mehr Energie wird verbraucht. Daher wird die Intensität körperlicher Aktivität auch in MET-Minuten oder MET-Stunden angegeben (siehe Abbildung).
„Basisaktivität schützt nicht vor Bewegungsmangel“
Je nach Fitnesszustand ist eine Bewegung für die Person damit entweder leicht-, moderat- oder hoch-intensiv. Alltagsaktivitäten, die bei leichter Anstrengung mit bis zu 2,9 MET durchgeführt werden, werden in den nationalen Empfehlungen als „Basisaktivität“ bezeichnet. Wenn zu dieser Basisaktivität keine moderat intensive oder hoch intensive körperliche Aktivität hinzukommt, spricht man von Bewegungsmangel – so die WHO und die nationalen Empfehlungen für Deutschland. Das Zählen von Schritten, z.B., hilft damit nur den sehr Unfitten, um dem Risikofaktor Bewegungsmangel entgegenzuwirken. Wie viel Bewegung nötig ist, um den Risikofaktor nicht zu haben, ist entsprechend den Empfehlungen der WHO genau definiert:
So sollen wir uns bewegen
Für Kinder und Jugendliche werden körperliche Aktivitäten von mindestens 60 Minuten pro Tag mit mittlerer bis hoher Intensität empfohlen. Erwachsene sollen mit einer Dauer von mindestens 150 Minuten in der Woche moderat-intensiv (= etwas anstrengend) oder 75 Minuten in der Woche hoch-intensiv (= mindestens anstrengend) körperlich aktiv sein, um gesundheitsförderliche Effekte zu erzielen und zudem muskelkräftigende körperliche Aktivität an mindestens zwei Tagen in der Woche realisieren. Ob Sie mindestens etwas angestrengt oder anstrengend körperlich aktiv sind, können Sie in dieser Übersicht zur Empfehlung der WHO nachvollziehen.
Verbreitung der Empfehlungen „dringend geboten“
„Während die umfangreiche wissenschaftliche Literatur den Nutzen von Bewegung für die Gesundheit inzwischen hinlänglich belegt und auch genügend Studien zeigen, dass Bewegung gesundheitsökonomisch wirksam sein kann, sind die Prävalenzen von Menschen mit bewegungsarmen Lebensstilen in Europa im letzten Jahrzehnt weitgehend konstant geblieben. Die gewonnenen Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Bewegung und Gesundheit haben offensichtlich die relevanten Zielgruppen in der Bevölkerung in deren Alltagshandeln nur unzureichend erreicht“, so die Autoren. Die Verbreitung der Empfehlungen sei vor dem Hintergrund aktueller Studien und Daten daher „dringend geboten“. Die Empfehlungen für Bewegung könnten vor diesem Hintergrund laut der Autoren ein erster Schritt sein, das relevante Wissen für einzelne Zielgruppen bereitzustellen. Genauso wichtig sei es jedoch auch, zu vermitteln, wie Menschen am wirkungsvollsten in ihrem Bewegungsverhalten gefördert werden können.