Stress zu haben bedeutet nicht immer unter Stress zu leiden. Eine neue repräsentative Umfrage zum Thema Stress hat ergeben, dass 71% der Deutschen Spaß an ihrer Arbeit haben (1). Lediglich 20% sehen ihre Arbeit als reinen Broterwerb und nur 4% geben an, dass ihre Arbeit sie frustriere. Die Studie mit 1000 deutschsprachigen Personen zwischen 18 und 66 Jahren erfragte zudem die individuellen Strategien, die die Personen einsetzen, um ihren Stress zu managen. Damit gibt diese Studie einen stärker handlungsorientierteren Einblick in das Stresserleben der Menschen in Deutschland im Vergleich zu dem im Januar 2012 von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlichten Stressreport Deutschland (2).
Stresserleben ist höchst individuell
In der Studie wird deutlich, dass nicht alle, die von Stress berichten, unter Stress leiden. 60% derjenigen, die angeben, häufig im Stress zu sein, haben Spaß an ihrer Arbeit, während circa ein Sechstel dieser Personen sich durch ihre Arbeit frustriert fühlt. 48% aller Befragten geben an, dass Stress sie sogar anspornt, sofern er nicht dauerhaft ist. Vor allem bei 67% der befragten Führungskräfte scheint Stress ein motivierendes Element zu sein.
Stresssituationen werden gut durchstanden
In der Studie sind drei verschiedene Gruppen identifiziert worden, die unterschiedlich mit Stress umgehen: 54% der Männer und 64% der Frauen gehören zu den „Durchhaltern“. Sie fühlen sich von einer Stresssituation belastet, können diesen aber gut durchstehen, so lange er zeitlich begrenzt ist. 24% der Männer und 10% der Frauen laufen bei Stress erst richtig zu Höchstleistungen auf. Für sie ist Stress ein wichtiger Motivator. 14% der Männer und 20% der Frauen sind hingegen eher Stressvermeider. Diese Gruppe berichtet im Vergleich zu den anderen häufiger von psychischen Beeinträchtigungen.
Zu hohe Ansprüche sind zweithäufigste Stressquelle
Während der Stressreport Deutschland vor allem Stressoren untersucht hat, die in den psychosozialen Arbeitsbedingungen liegen (2), wurden in dieser Studie auch solche Stressoren erfragt, die in der Person selbst begründet sind. Dabei ermittelte die Studie, dass der Beruf (bzw. Studium/Schule), hohe Ansprüche an sich selbst und private Konflikte zu den drei häufigsten Stressquellen bei den Befragten zählen. Bei den Frauen sind hohe Ansprüche an sich selbst Stressfaktor Nummer eins. Erst an zweiter Stelle kommt der Beruf (bzw. Studium/Schule). Auch bei Männern sind hohe innere Anforderungen an sich selbst mit 35% die zweitbedeutendste Stressquelle, während der Beruf (bzw. Studium/Schule) mit 52% der am häufigsten genannte Stressverursacher ist.
Stress reduzieren durch mentale Stresskompetenz
Zwar ist Perfektionismus in vielen Köpfen noch sozial erwünscht. Jedoch weder in Bezug auf die Arbeitsleistung noch auf das persönliche Stresserleben schafft das dahinterliegende überhöhte Bedürfnis nach Erfolg und Selbstbestätigung eine günstige mentale Voraussetzung (3). Das entsprechende Trainieren einer größeren Fehlertoleranz vor sich selbst und vor anderen gehört zu einer Reihe von Methoden, um die mentale Stresskompetenz zu verbessern. Vor dem Hintergrund der Stress-Studie scheint diese Form des Stressmanagements eine wirksame Maßnahme für eine Verbesserung des Stresserlebens zu sein. Betriebliches Gesundheitsmanagement sollte daher nicht nur darauf abzielen, Stressoren, die in den Arbeitsbedingungen liegen zu reduzieren, sondern auch die Eigenverantwortung und Stresskompetenz der Mitarbeiter zu verbessern. Schließlich verdeutlichen die Zusammenhänge zwischen dem individuellen Lebensstil und der Stressresistenz, dass nicht nur Entspannung, sondern auch gesunde Ernährung und Bewegung entscheidend dafür sind, wie Stress erlebt wird und sich auf die Gesundheit auswirkt (4). So haben Sie bei der Arbeit Spaß!
Quellen:
(1) TK (Hrsg.) (2013). Bleib locker Deutschland! – TK-Studie zur Stresslage der Nation.
(2) Lohmann-Haislah, A. (2012). Stressreport Deutschland 2012. Psychische Anforderungen, Ressourcen und Befinden. Dortmund/Berlin/Dresden: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
(3) Kaluza, G. (2007). Gelassen und sicher im Stress. Das Stresskompetenz-Buch. Stress erkennen, verstehen, bewältigen. Heidelberg: Springer.
(4) Toker, S. & Biron, M. (2012). Job Burnout and Depression: Unraveling Their Temporal Relationship and Considering the Role of Physical Activity. Journal of Applied Psychology, 97(3), 699–710.