Warum betriebliche Präventionsangebote nicht wirksam sind

Immer mehr Unternehmen möchten durch Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ihre Mitarbeiter gesund und engagiert halten. Da diese Faktoren eine Voraussetzung für eine hohe Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit sind, führen Unternehmen umfangreiche Maßnahmen durch: von Rückenkursen über Ernährungsberatungen bis hin zu Raucherentwöhnungskursen und bewegten Pausen. Laut dem Fazit eines Forschungsupdates zur Betrieblichen Gesundheitsförderung, genügen diese betrieblichen Präventionsangebote jedoch nicht, um alle Mitarbeiter wirksam und nachhaltig zu erreichen.

Mitarbeiter mit dem größten Gesundheitsrisiko bleiben unerreicht

Die Autoren fassen zusammen, dass die gesundheitsbezogenen Präventionsangebote der Unternehmen in der Regel nur von denjenigen Mitarbeitern genutzt werden, die ohnehin bereits ein risikoarmes Gesundheitsverhalten aufweisen. Sie besitzen ein hohes Selbsthilfepotenzial und machen aus eigenem Antrieb an den BGM-Maßnahmen mit. Die Mitarbeiter mit dem größten Risiko und damit höchsten Handlungsbedarf werden laut Huber und Weiß mit den derzeitigen BGM-Maßnahmen jedoch kaum bis gar nicht erreicht (1). Ebenso kommt eine im deutschen Ärzteblatt veröffentlichte Studie zu dem Schluss, dass die klassische betriebliche Gesundheitsförderung allein nicht ausreiche, „um eine anhaltende Verbesserung des Bewegungs- und Ernährungsverhaltens zu erzielen“ (2). Es seien daher „zusätzliche Präventionsangebote zur Etablierung gesunder und leistungsfördernder Lebensstile notwendig“.

Direkte Ansprache der Mitarbeiter effektiv

Die aktuell veröffentlichten Ergebnisse des Robert-Koch-Instituts zur Gesundheit der Deutschen 2015 betonen erneut die Notwendigkeit, Mitarbeiter zu einem langfristig gesunden Lebensstil zu führen (3). Laut Huber und Weiß würde es allerdings an überzeugenden Konzepten fehlen, um mit diesen Herausforderungen umzugehen (1). Merrill und Sloan konnten in einer Studie zeigen, dass insbesondere durch die gezielte Ansprache von besonders risikoexponierten Mitarbeitern eine Aktivität der Mitarbeiter steigt (4).

Ergebnisse der Universität Freiburg und Berlin im Rahmen zweier Evaluationsstudien zeigen, dass der Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, bei dem die Führungskraft das Thema Gesundheitsverhalten gezielt bei ihren Mitarbeitern anspricht, eine hohe Wirksamkeit in Bezug auf die Verbesserung des Gesundheitsverhaltens der Mitarbeiter hat (5, 6). Nicht zuletzt konnten die Studien belegen, dass mit dem Top-Down-Ansatz die Produktivität der Unternehmen gesteigert wurde: Zum einen sank der Krankenstand im Vergleich zur Kontrollgruppe, zum anderen verbesserte sich die individuelle Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter, während die Kontrollgruppe keine Steigerung der Leistungsfähigkeit erkennen ließ.

Der Bericht des Robert-Koch-Instituts ruft zu mehr Qualitätssicherung in der Prävention auf. Nur für wenige Ansätze lägen systematische Wirksamkeitsnachweise vor, die wissenschaftlichen Ansprüchen standhielten (3). Damit ließe sich die Lücke zwischen dem Bedarf an wirksamer Prävention und der geringen Verbreitung wirksamer Konzepte schließen.

 

Quellen:

(1) Huber, G. & Weiß, K. (2015). Betriebliche Gesundheitsförderung – Trends und Forschungsupdate 2014. Bewegungstherapie und Gesundheitssport 31: S.6 – 9.

(2) Leyk, D., Rohde, U., Hartmann, D., Preuß, A., Sievert, A. & Witzki, A. (2014). Ergebnisse einer betrieblichen Gesundheitskampagne. Deutsches Ärzteblatt (Jg.111, Heft 18). A.S. 321-327.

(3) Robert Koch-Institut (Hrsg) (2015) Gesundheit in Deutschland. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Gemeinsam getragen von RKI und Destatis. RKI, Berlin.

(4) Merrill, R. M. & Sloan, A. (2014). Effectiveness of a health promotion program among employees in a western United States school district. J Occup Environ Med, 56: 639–644.

(5) Lümkemann, D. (2011). Die Produktivität steigt. Personalmagazin – 03/2011.

(6) Lümkemann, D. (2007). Führungskräfte als Botschafter. Personalwirtschaft – 08/2007.

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