Inaktivität durch langes Sitzen beeinträchtigt unsere Gesundheit und kann sogar unsere Sterblichkeit erhöhen. „Sitzen ist das neue Rauchen“, so die Bewertung dieses Risikos durch Wissenschaftler. Bewegung als Ausgleich zum Sitzen ist (über-)lebenswichtig und sollte möglichst viel in den Alltag intergiert werden. Wie stark Bewegung dazu beiträgt, dass erhöhte Mortalitätsrisiko durch langes Sitzen zu reduzieren, haben Ekelund und Kollegen untersucht. Sie umfasst 16 Langzeitstudien mit insgesamt 1.005.791 Teilnehmern. Je nach Studie wurden die Teilnehmer zwischen 2 und 18 Jahre lang begleitet. Das Ergebnis: das Risiko frühzeitig zu sterben steigt, je länger wir sitzen. Die gute Nachricht: dieses Risiko sinkt, je mehr wir uns in der übrigen Zeit bewegen.
Körperliche Aktivität wirkt negativen Folgen des Sitzens entgegen
Zur Feststellung dieses Zusammenhangs wurden die Teilnehmer zunächst in vier Gruppen in Abhängigkeit ihrer Zeit eingeteilt, die sie pro Tag sitzend verbrachten (0 – <4 Std./Tag, 4 – <6 Std./Tag, 6 – 8 Std./Tag, > 8 Std./Tag). Zusätzlich wurden sie hinsichtlich ihres täglichen Aktivitätslevels in 4 Gruppen eingeteilt, welches anhand des täglichen Energieverbrauchs durch körperliche Aktivität (Metabolisches Äquivalent, MET) bemessen wurde (<2,6 MET/Std., 16 MET/Std., 30 MET/Std., >35,4 MET/Std.).
Je mehr MET pro Stunde man durch Bewegung umsetzt, desto intensiver die körperliche Aktivität. Um diese Menge an körperlicher Aktiviät pro Tag in Zeit bemessen und mit den Minuten des Sitzens vergleich zu können, übersetzten die Forscher das metabolische Äquivalent (MET) jeweils in Minuten körperlicher Aktivität bei moderater Anstrengung. Moderate körperliche Aktivität hieß dabei z.B. zügiges Gehen bei 5 – 6 km/h und moderates Fahrradfahren bei 16 km/h. In Zeit wurden die oben genannten MET-Kategorien daher in die folgenden Zeitkategorien umgewandelt: <6 Min./Tag, 25 – 35 Min., 50 – 65 Min. und 60 – 75 Min./Tag. Die Mortalitätsraten der insgesamt 16 Gruppen (4 x 4) wurden verglichen und es zeigte sich folgendes Bild:
Eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung mit einem kurvig-linearen Zusammenhang. Bei dem Vergleich der beiden Extremgruppen „inaktiver Vollzeitsitzer“ (rechts außen) versus „hochaktiver Teilzeit-Sitzer“ (links außen) war das Risiko, frühzeitig zu sterben, bei den inaktiven Vollzeit-Sitzern um 59% erhöht.
Bewegung umso wichtiger, je länger man sitzt
Die Kurve zeigt: Je weniger man sich bewegt, desto stärker wird der Einfluss des Sitzens auf die Sterblichkeit. Vergleicht man in jeder MET Gruppe (1 – 4) diejenigen, die 8 Std. pro Tag sitzen (Vollzeit-Sitzer) mit denjenigen, die nur 0 – 4 Std. pro Tag sitzen (Teilzeit-Sitzer), dann zeigen sich folgende Unterschiede: Bei denen, die sich weniger als 5 Minuten pro Tag bewegen (MET Gruppe 4), haben die Vollzeit-Sitzer ein um 27% gesteigertes Risiko im Vergleich zu den Teilzeit-Sitzern.
Bei denen, die sich 25 – 35 Minuten pro Tag bewegen (MET Gruppe 2), haben die Vollzeit-Sitzer ein um 12% gesteigertes Risiko im Vergleich zu den Teilzeit-Sitzern. Und bei denen, die sich 50 – 65 Minuten pro Tag bewegen (MET Gruppe 3), haben die Vollzeit-Sitzer ein um 10% gesteigertes Risiko im Vergleich zu denjenigen, die nur bis max. 4 Std. pro Tag sitzen. Bei den Probanden mit dem höchsten Aktivitätslevel (60 – 75 Minuten, MET Gruppe 1), war die Dauer des täglichen Sitzens für ihre Sterblichkeit unerheblich. Egal, ob sie mehr als 8 oder weniger als 4 Stunden am Tag im Sitzen verbrachten: ihr Mortalitätsrisiko erhöhte oder senkte sich nicht signifikant. Anders ausgedrückt könnte man sagen: je mehr man sitzt, desto bedeutsamer wird Bewegung für die Gesundheit.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, pro Woche mindestens 150 Minuten bei moderater Anstrengung oder 75 Minuten bei intensiver Anstrengung körperlich aktiv zu sein und diese beliebig kombinierbaren Bewegungseinheiten mindestens 10 Minuten andauern zu lassen.
Quelle:
Ulf Ekelund et al. (2016) Does physical activity attenuate, or even eliminate, the detrimental association of sitting time with mortality? A harmonised meta-analysis of data from more than 1 million men and women. The Lancet