Gesundheitsgefährdung für viele Belastungen ungeklärt

Kritische Zeilen aus den iga-Reporten 31 und 32

Die beiden aktuellen iga-Reporte 31 und 32 beschäftigen sich mit psychischen Belastungen und stellen den aktuellen Stand der Forschung zu Risikobereichen und deren Gesundheitsgefährdung zusammen (1, 2). Mittels systematischer Literaturrecherche zeigen sie auf, welche psychischen Belastungen mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit als arbeitsbedingte Risikofaktoren zu bewerten sind und welche nicht. Ziel der Reporte ist die Möglichkeit Handlungsempfehlungen für Betriebe und deren Beschäftigte abzuleiten. Das Ergebnis: für viele Belastungen, für die eine potenzielle Gesundheitsgefährdung in Teilen angenommen wird, liege derzeit noch gar kein ausreichender wissenschaftlicher Nachweis vor, um deren tatsächliche Gefährdung beurteilen zu können, so die Autorin des iga-Reports 31, Renate Rau (1).

Großer Forschungsbedarf

Die Ursache fehlender Nachweise liege laut Rau zum einen an einem Mangel an empirischen Studien, zum anderen an einem breiten Definitionsspielraum, was als Arbeitsbelastung verstanden wird (1). Aussagen über einen potenziell negativen Einfluss einer bestimmten Arbeitsbelastung auf die Gesundheit zu treffen, sei in solchen Fällen nicht möglich. Besonders großer Forschungsbedarf bestünde nicht nur bei bislang wenig untersuchten Anforderungen wie z.B. ständige Erreichbarkeit, Führen durch Ziele und Mobilität, sondern auch bei „scheinbar gut bekannten Arbeitsbelastungen“ (S. 38) wie Arbeitsintensität, Verhältnis von Arbeitszeit zu Ruhezeit und schließlich der Wirksamkeit von arbeitsgestaltenden Maßnahmen. Zwar schreibe der Arbeitsschutz die Ermittlung und Bewertung von gesundheitsgefährdenden Belastungen sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei vorliegender Gefährdung vor, jedoch gebe es laut iga Report nur wenige empirische Studien, die überhaupt prüften, ob die arbeitsgestalterischen Maßnahmen am Ende erfolgreich waren. „Überblicksarbeiten hierzu fehlen völlig“, so die Autorin Rau (1).

Einbezug individueller Voraussetzungen sowie positiver Aspekte von Arbeit fehlt

Hiltraut Paridon, Autorin des iga-Reports 32, zieht aus ihren Befunden u.a. den Schluss, dass bei der Analyse zwar die Arbeitsbedingungen im Vordergrund standen, man für eine sinnvolle Präventionsarbeit jedoch auch das Verhalten in den Blick nehmen müsse (2). Schließlich liege es „auch in der Verantwortung der Beschäftigten, ihre Gesundheit durch entsprechende Verhaltensweisen zu erhalten und zu schützen“ (S. 54). Zudem fokussiere die Untersuchung ausschließlich Risikobereiche und deren negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Die Beleuchtung positiver Aspekte und gesundheitsförderlicher Folgen von Arbeit wären für zukünftige Untersuchungen daher „wünschenswert“, so Paridon (2).

Dass das Betriebliche Gesundheitsmanagement nach wie vor einer negativ verzerrten Wahrnehmung unterliegt, wird von dem Artikel von falschen Annahmen über psychische Belastungen beschrieben.

 

Quellen:

(1) Rau. R. (2015). iga.Report 31. Risikobereiche für psychische Belastungen. 1. Auflage.

(2) Paridon, H. (2016). iga.Report 32. Psychische Belastung in der Arbeitswelt. Eine Literaturanalyse zu Zusammenhängen mit Gesundheit und Leistung. 1. Auflage.

psychische Gesundheit, psychische Störungen, psychisches Wohlbefinden
Vorheriger Beitrag
Weniger als 2% der Deutschen mit „Burn-out-Syndrom“
Nächster Beitrag
Warum „Psychische Belastungen“ fehlinterpretiert werden

Ähnliche Beiträge