„Gesundheitsorientiertes Führen“ – darunter verstehen die meisten Unternehmen das Fördern der Mitarbeitergesundheit z.B. durch die Gestaltung von Arbeitsbedingungen und der Arbeitstätigkeit sowie einen Führungsstil, bei dem ein noch besserer Umgang mit den Mitarbeitern in Form von Feedback, Anerkennung, Unterstützung usw. eine tragende Rolle spielt. Die wenigsten Unternehmen wissen, dass es noch zwei weitere Möglichkeiten gibt, mit denen die Führungskraft die Mitarbeitergesundheit fördern können.
Der authentische Gesundheitsdialog als stärkster Einfluss der Führungskraft
Führungskräfte können erstens den Mitarbeitern ein gesundheitsbezogenes Vorbild sein, indem sie ihnen transparent machen, dass sie trotz immer wiederkehrender innerer und äußerer Hindernisse ihrer Verantwortung für ihre eigene Gesundheit auf mindestens einem Handlungsfeld gerecht werden (Ernährung, Bewegung, Stressmanagement). Zweitens können Führungskräfte ihre Mitarbeiter in dieser Eigenverantwortung durch wertschätzende und am Mitarbeiter interessierte Gespräche stärken. Vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen mit dem Setzen und Verfolgen von Gesundheitszielen führen die Führungskräfte einen authentischen Dialog. In diesem stehen die Ziele und Interessen des Mitarbeiters im Mittelpunkt. Die Führungskraft ist dabei kein Gesundheitsexperte, der mit gut gemeinten Ratschlägen, Appellen oder gar fertigen Lösungen den Mitarbeiter missioniert. Sie fordert und fördert den Mitarbeiter individuell – dem jeweiligen Motivationsstadium und den Kompetenzen des Mitarbeiters entsprechend (1).
Unternehmen wollen Gesundheitsverhalten über den authentischen Gesundheitsdialog fördern
Im vergangenen Jahr untersuchte unsere Mitarbeiterin Melanie Linnenschmidt die Bereitschaft der Unternehmen, diese Form der Führungsaufgabe Gesundheit im eigenen Unternehmen umzusetzen, im Rahmen einer auch international anerkannten Forschungsarbeit – mit einem positiven Ergebnis. Zwar setzen nur wenige der insgesamt 147 in die Auswertung mit einbezogenen Unternehmen diese Form der Führungsaufgabe Gesundheit bereits um (18%*). Allerdings zeichnen die Ergebnisse zu den Intentionen der Unternehmen und befragten Entscheidungsträger ein anderes Bild: während 37% der Unternehmen bereits beschlossen haben, den authentischen Gesundheitsdialog in den nächsten zwei Jahren einzuführen, gaben 71% der teilnehmenden Entscheidungsträger an, dass sie die Umsetzbarkeit dieser Führungsaufgabe Gesundheit im Unternehmen prüfen und diskutieren wollen. 44% der Befragten hatten sogar die persönliche Absicht, den authentischen Gesundheitsdialog in den nächsten zwei Jahren im Unternehmen zu implementieren. Die Bereitschaft der Unternehmen, die Gesundheit von Mitarbeitern über die Angebotsebene hinaus gezielt zu fördern, ist damit positiv zu bewerten.
Gesundheit ist keine Privatsache
Auch in Bezug auf die Frage der Privatheit des Gesundheitsverhaltens, die im Rahmen dieses Konzeptes immer wieder diskutiert wird, gaben die Unternehmen mit einer Mehrheit von 82% an, dass es sich ihrer Meinung nach bei dem Gesundheitsverhalten (im Gegensatz zu z.B. ärztlichen Diagnosen) nicht um eine reine Privatsache handelt. Dieses Ergebnis zeigt, dass sich die Unternehmen darüber im Klaren sind, dass sie die Eigenverantwortung der Mitarbeiter thematisieren müssen, wenn sie einen spürbaren und nachhaltigen Gesundheitseffekt im Unternehmen erzielen wollen. Die Verantwortung für den Erhalt der Gesundheit tragen – anders als manchen Diskussionen zu entnehmen – eben nicht nur die Unternehmen. Sie sollte entsprechend der Einflussmöglichkeiten auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber verteilt werden. Da der individuelle Lebensstil den größten Einfluss auf die Gesundheit hat, müssen Unternehmen die Eigenverantwortung der Mitarbeiter fördern. Die Studie ist ein Hinweis darauf, dass die Unternehmen bereit sind, diese Herausforderung mit Hilfe des authentischen Gesundheitsdialoges anzunehmen.
Quellen:
(1) Lümkemann, D. & Linnenschmidt, M. (2014). Verantwortung für Gesundheit. Durch Vorbild und authentische Gesundheitsdialoge können Führungskräfte die Eigenverantwortung aller Mitarbeiter stärken. Personalmagazin, 07/14.
(2) Linnenschmidt, Melanie (2015). Gesundheit ist (k)eine Privatsache – Führungspotenziale und die Bereitschaft der Unternehmen. Masterarbeit an der Universität Hamburg. Unveröffentlichtes Manuskript.
*Die in der Studie eingesetzte Skale von 1 – 6 (1= stimmt gar nicht bis 6=stimmt vollkommen) wurde in die zwei Gruppen „keine Zustimmung“ (1-3) und „Zustimmung“ (4-6) aufgeteilt und die den Gruppen zugehörigen Unternehmen jeweils ausgezählt