Wie wirksam Betriebliches Eingliederungsmanagement ist

Um Langzeiterkrankungen und die damit verbundenen negativen Konsequenzen für Mitarbeiter und Unternehmen zu vermeiden, sind Arbeitgeber in Deutschland dazu verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) für Mitarbeiter anzubieten. Das BEM betrifft diejenigen Mitarbeiter, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren.

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement beinhaltet Maßnahmen, die die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter schrittweise wiederherstellen und erhalten sollen. Dies sind zum Beispiel die stufenweise Wiedereingliederung oder die Durchführung von Arbeitsanforderungsanalysen.

Trotz der gesetzlichen Pflicht der Durchführung (in Deutschland) sind die positiven Effekte solcher Maßnahmen jedoch nur unzureichend belegt. Die Autoren der vorliegenden Studie haben daher im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit die vorhandene Studienlage analysiert und Langzeiteffekte untersucht. Da ein Betriebliches Eingliederungsmanagement nicht in jedem Land gesetzlich vorgeschrieben ist und nicht von jedem Unternehmen durchgeführt wird, erlauben die Ergebnisse die Untersuchung der Effektivität von BEM-Programmen im Vergleich zur Unterlassung entsprechender Maßnahmen.

Welche Studien wurden untersucht?

Zur Bewertung der Effektivität von BEM-Programmen wurden 14 randomisierte Kontrollstudien mit insgesamt 12.568 Angestellten mit Muskel-Skelett- oder geistigen Erkrankungen analysiert. Angestellte mussten mindestens 4 Wochen am Stück krankheitsbedingt abwesend gewesen sein, um in die Studienergebnisse mit einbezogen zu werden.

Da international keine einheitliche Definition für die Inhalte von BEM-Programmen existiert, definierten die Autoren diese anhand der folgenden Kriterien:

  • Ziel ist es, die Arbeitsfähigkeit bei der Rückkehr zur Arbeit zu fördern
  • Der betroffene Angestellte und der BEM-Koordinator haben mindestens einmal Kontakt von Angesicht zu Angesicht
  • Das Programm beginnt mit einer Einschätzung der Bedürfnisse des Angestellten und führt zu einem maßgeschneiderten Wiedereingliederungsplan
  • Die Umsetzung des Plans wird durch den BEM-Koordinator organisiert

Die Autoren untersuchten dabei die Zeit bis zur Rückkehr zur Arbeit, die Gesamtkrankheitstage, die Anzahl an Mitarbeitern, die nach Krankheit wieder zur Arbeit zurückkehrten, sowie die Anzahl an Mitarbeitern, die in Vollzeit zur Arbeit zurückkehrten. Außerdem erfassten sie von Mitarbeitern selbst berichtete Veränderungen. Diese umfassten das subjektive Schmerzempfinden, die körperliche, soziale und geistige Funktionsfähigkeit sowie subjektiv erfasste Veränderungen bezüglich Depressionen und Angstzustände.

Was war Inhalt der Studien?

Die untersuchten Studien umfassten Maßnahmen wie die Durchführung von Arbeitsunfähigkeitsuntersuchungen in Form von systematischen, multidisziplinären Beurteilungen von Behinderungen und Funktionen, sowie die Ermittlung von Hindernissen für die Rückkehr zur Arbeit, die Formulierung und Umsetzung eines koordinierten, maßgeschneiderten und handlungsorientierten Rehabilitationsplans, der gemeinsam von einem interdisziplinären Team entwickelt wurde und auf einem Feedback-Ansatz beruht sowie die Nutzung eines Rehabilitationskoordinators. Weiterhin wurden Interventionen untersucht, die nach den folgenden Inhalten vorgehen: Identifikation und Vereinbarung von Zielen, Formulierung und Umsetzung eines Plans, Überwachung des Fortschritts, Änderungen entsprechend vornehmen, Betonen eines partizipativen Ansatzes, der jedem Teilnehmer den größtmöglichen Umfang in allen Aspekten der Entscheidungsfindung ermöglicht. Zusätzlich wurden Interventionsinhalte untersucht wie die Durchführung von standardisierten Beratungsgesprächen, eine ergonomische Bewertung und Problemlösung sowie die Entwicklung eines auf den Einzelnen ausgerichteten Fallmanagementplans und das regelmäßige Stattfinden von Diskussionen der Beteiligten zum aktuellen Stand und das regelmäßige Treffen des Betroffenen und des Betriebsarztes.

Zu den Beteiligten gehörten in den meisten Fällen der Betroffene, Physio- und Psychotherapeuten, Psychologen, Sozialarbeiter, Betriebsärzte, BEM-Koordinatoren im Unternehmen oder externe Coaches.

Was waren die Ergebnisse?

Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass die Teilnahme an den untersuchten BEM-Programmen keine positiven Effekte auf die Rückkehrzeit zur Arbeit gegenüber der Nicht-Teilnahme bietet. Sowohl nach 6 Monaten als auch nach 12 Monaten oder länger konnten die Autoren keine Effekte auf die oben genannten Messgrößen feststellen. Auch bei der Selbsteinschätzung der Mitarbeiter hinsichtlich des subjektiven Schmerzempfindens zeigten sich keine signifikanten Effekte. Gleiches gilt für die körperliche, soziale und geistige Funktionsfähigkeit sowie die subjektiv erfassten Veränderungen in Bezug auf Depression und Angstzustände.

Fazit

Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement für Mitarbeiter anzubieten. Die Ergebnisse der Übersichtsarbeit zeigen jedoch, dass die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen durch Kennzahlen belegt und gegebenenfalls angepasst werden sollte. Bewegungsmangel, Fehlernährung, ein mangelndes individuelles Stressmanagement, Rauchen und ein hoher Alkoholkonsum sind Hauptrisikofaktoren für die individuelle Gesundheit. Diese können durch einen gesunden Lebensstil vermieden werden. Die Befähigung von Mitarbeitern zur Erlernung und Umsetzung eines solchen Verhaltens kann daher maßgeblich dazu beitragen, krankheitsbedingte Fehlzeiten zu reduzieren.

 

Quelle:

(1)     Vogel N, Schandelmaier S, Zumbrunn T, Ebrahim S, de Boer WEL, Busse JW, Kunz R. Return-to-work coordination programmes for improving return to work in workers on sick leave.

 

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